Bewegungslos schaut die derzeitige Kumari auf die wartenden Touristen. Die Augen sind stark geschminkt, der Lidstrich ist bis zu den Schläfen verlängert, sie trägt ein rotes Samtkleid.
Wir waren überraschend Zeuge, als die kleine, jetzt vierjährige Kumari auf dem schwarzen Holzbalkon ihres vom Erdbeben 2015 stark mitgenommenen Palastes präsentiert wurde. Fotos dürfen keine gemacht werden, die Wärter drohen lauthals mit Entzug der Speicherkarte. Wir haben uns brav an das Verbot gehalten.
Die Kumari entstammt der angesehenen Newarisekaste und wird von Astrologen und Priestern ausgewählt. Sie muss 32 körperliche Merkmale aufweisen, unter anderem darf sie in ihrem Leben nie geblutet haben. Sie verlässt nur 2 mal im Jahr zu heiligen Festen ihren Palast, stets wird sie getragen, denn ihre Füße dürfen den Boden nicht berühren.
Mit ihrer ersten Menstruation hat sie ihre Mission erfüllt. Sie verliert ihren Status und kehrt in ihr Elternhaus zurück. Der Auswahlprozess beginnt aufs Neue.
Für die Nepalesen ist dieses Kind in seinem altehrwürdigen Tempelpalast am Durbarplatz in Kathmandu die Inkarnation der furchterregenden Göttin Taleju, Schutzgöttin des Landes und der 23 Millionen Nepalesen.
Wir konnten es zunächst nicht glauben …. und hielten das Ganze für eine Legende. Ein kleines Mädchen wird seiner Freiheit und Kindheit beraubt. Unfassbar im 21. Jahrhundert.
Bliebe noch anzumerken: unser Guide, Herr Bihan, hat auf die Frage , ob er es zulassen würde, falls seine Tochter als Kumari auserwählt würde, geantwortet: ja, er würde es als große Ehre ansehen …
photo himalayan maphouse