Die Vogelwelt Neuseelands konnte sich lange Zeit ihrer Sache sicher sein: wir haben keine Feinde.
Als der ehemalige Kontinent Godswana sich spaltete, retteten sich die Säugetiere und blieben auf dem Festland, also vornehmlich Australien. Vögel konnten das Meer überwinden, sie verschlug es auf das entstandene Inselgebilde Neuseeland.
Und da sich Nahrung auf dem Erdboden mit weniger Kraftaufwand finden und aufpicken läßt, war die Folge nach den Gesetzen der Evolution unvermeidlich: sie verloren mangels Gebrauch ihrer von Gott gegebenen Flugwerkzeuge die Fähigkeit, diese einzusetzen, sie begaben sich auf das Niveau ihres Mitbewohners Mensch herab, der seinerseits vergeblich alle seine schöpferischen Kräfte einspannte, um das fliegerische Können eines Vogels zu erreichen. Dem lieben Gott hat das gar nicht gefallen, daß seine Fluggeschöpfe quasi aus Faulheit ihre Fähigkeit verkümmern ließen.
Und so kam es, wie es kommen mußte: die Zivilisation brachte zwangsweise auch die Vogelfeinde wieder zurück, aber der Luftraum blieb vielen Flugwesen verschlossen. Sie waren eingeschleusten Säugetieren schutzlos ausgeliefert. Insbesondere dem Kiwi ging es ans Fell, weil er sich neben dem Fliegen auch das schnelle Laufen abgewöhnt hatte. Der fleißigste Kiwijäger ist dabei das Opossum, ein flinker, naseweiser Bursche mit schönem Fell, der die großen Kiwieier ganz gern mag.
Die Neuseeländer hassen es und sehen es am liebsten platt am Straßenrand liegen.
Sie werden der Opossumplage nicht Herr, der Kiwi droht auszusterben.
Ist der Homo Sapiens, der zum Fliegen nicht taugt, eventuell in der Lage, dem ehemals talentierten Flieger Kiwi durch kleine genetische Manipulationen wieder den nötigen Aufwind zu geben? Ansonsten seh ich schwarz, so schwarz wie an diesem schönen, hellen Sonnentag im Zoo von Auckland, als ich dem nachtaktiven Vorzeigevogel einen Besuch in seiner stark abgedunkelten Welt abstattete.
Na, wo läuft er denn?